Herausforderung Familienunternehmen: Mit viel Tradition in die Moderne

Caroline mit einer ihrer neuen Kreationen

Business-Steckbrief: Vienna Petit Point

  • Location: Wien
  • Branche/Produkt: Hand-Stickerei
  • Wer steckt dahinter: Elektroingeneurin Caroline, in vierter Generation
  • Gründungsjahr: vor ca. 100 Jahren
  • Der ungewöhnlichste Gegenstand in meinem Büro: Ein besticktes Nähzubehör
  • Website: www.viennapetitpoint.de

Vienna Petit Point gibt es schon seit ca. 100 Jahren. Wie der Name bereits verrät, geht es um “kleine Punkte”, nämlich Hand-Stickerei. Wienerin Caroline ist mit dem Handwerk in vierter Generation aufgewachsen und hat 2016 die Leitung des Familienunternehmens übernommen. Damit steht sie vor einer typischen Herausforderung: Wie führt man Tradition in die Moderne, und bleibt gleichzeitig der Marke treu? Wie sie das gelöst hat, hat sie uns im Interview erzählt. 

Hi Caroline. Wer Hand-Stickerei hört, hat oftmals das Bild von “Omas Handtasche” im Kopf. Warum hat dieses Traditionshandwerk denn durchaus Zukunft?  

Jedes unserer Produkte ist ein Unikat. Auf einen Quadratzentimeter kommen bis zu 400 Stiche, alles per mühsamer Handarbeit. An einigen Produkten arbeiten wir bis zu drei Monate! Außerdem steckt in jedem Muster der persönliche Stil der Sticker*innen. Das macht unser Handwerk zu etwas ganz Besonderem, denn sowas kann man nicht überall einfach kaufen.   

Mit deiner Geschäftsübernahme 2016 wolltest du Vienna Petit Point dennoch ein bisschen moderner ausrichten. Wie bist du das angegangen? 

Wir bieten nach wie vor unsere traditionellen Produkte wie bestickte Broschen und Brillenetuis an. Gleichzeitig haben wir eine neue Linie designt, mit modernen Schnitten und Materialien sowie knalligen Farben. Die Qualität bleibt aber die altbewährte. Das heißt, auch unsere neuen Teile werden nicht als Massenware produziert, und unsere Kunden wissen das zu schätzen. 

Moderner Schnitt, knallige Farbe – aber die traditionelle Note bleibt bestehen.

Eure neue Ausrichtung ist also bisher gut angekommen?

Ja, früher bestand unsere Kundschaft hauptsächlich aus Wiener Touristen*innen, heute erreichen wir dank Social Media und Onlineshop ein deutlich breiteres Publikum! Wir haben viele Kunden*innen in Russland und Japan, weshalb wir unsere Website auch in diese Sprachen übersetzt haben. Glücklicherweise unterstützt Jimdo andere Schriftzeichen-Systeme wie Kyrillisch, bei vielen Anbietern geht das nämlich nicht.  

War das Ziel, eure Produkte mainstream-fähiger zu machen?

Nein, wir wollen uns ja gerade durch echtes Handwerk abheben. Mit der neuen Ausrichtung sollte der Stil von Vienna Petit Point nicht komplett verändert, sondern an die heutige Zeit angepasst werden. Viele Elemente unserer Produkte sind immer noch wie vor 100 Jahren. Das trifft nicht jedermanns Geschmack – aber es ist das, was unser Handwerk und unseren Stil aus- und besonders macht. 

Man spürt, dass du mit Herz in deinem Business steckst. Was liebst du denn am meisten daran?

Die Geschichte, die dahinter steckt. Zum Einen wird unser Handwerk weltweit kaum noch ausgeführt. Zum Anderen hatte ich eine ganz besondere Beziehung zu meinem Opa, der Vienna Petit Point größtenteils zu dem gemacht hat, was es heute ist. Durch meine Arbeit fühle ich mich ihm nah. Ich frage mich immer, ob er stolz darauf ist, wie ich den Laden heute führe. 

Links: Wie Hand-Stickerei mal in den Ursprüngen aussah, rechts: Was Caroline daraus gemacht hat!

Neben deinem Familienunternehmen übst du aber noch einen zweiten Job aus. Sogar einen ziemlich gegensätzlichen. 

Genau, hauptberuflich bin ich Elektroingenieurin. Ich war schon immer mathematisch und technisch begabt. Es ist ein super Ausgleich zur Stickerei und manchmal sogar echt hilfreich! 

Du bist Elektroingenieurin, Inhaberin von Vienna Petit Point und außerdem Mutter einer 4-Jährigen Tochter. Wie schaffst du das denn alles?

Mein Tag hat 38 Stunden (lacht)! Ich gehe arbeiten, hole meine Tochter ab, bespaße sie und bringe sie ins Bett. Danach geht es für mich nicht auf die Couch, sondern an den Basteltisch. Manchmal ist es schon etwas viel. Aber das ist das Schöne an einem Familienunternehmen: Man kann sich immer auf die gegenseitige Unterstützung verlassen, in diesem Fall auf meinen Mann und meine Mama.  

Und wie sieht die Zukunft aus? Wird deine Tochter mal übernehmen? 

Wenn ich sie heute mit ins Geschäft nehme, ist sie immer total begeistert. Aber sie ist vier, da findet man alles toll (lacht)! Ich würde mich natürlich sehr freuen, wenn sie Vienna Petit Point irgendwann mal in fünfter Generation übernehmen würde – wie auch immer das dann aussehen mag. Aber diese Entscheidung überlasse ich ihr. 


Weitere spannende Einblicke bekommt ihr auf Carolines Website und ihrem Instagram-Account!

Katharina Mühe
Katharina ist Content Creator bei Jimdo und immer auf der Suche nach inspirierenden Geschichten von Menschen, die für ihre Leidenschaft brennen. In ihrer Freizeit kocht sie gerne, ist viel mit Freunden oder in der Natur unterwegs.
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